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Abmahnung vom Arbeitgeber – Was tun?

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Das Wichtigste im Überblick

// Wenn der Arbeitgeber abmahnt //

Eine Abmahnung vom Arbeitgeber zu erhalten, ist für jeden Arbeitnehmer ein einschneidendes Erlebnis. Die gelbe Karte im Arbeitsrecht löst oft Unsicherheit, Ärger oder sogar Angst aus. Doch was sollten Sie tun, wenn Sie eine Abmahnung erhalten? Welche Rechte haben Sie, und wie können Sie sich wehren?

Die Abmahnung ist ein zweischneidiges Schwert im deutschen Arbeitsrecht. Einerseits dient sie dem Arbeitgeber als Instrument zur Verhaltenskorrektur, andererseits stellt sie für den Arbeitnehmer eine ernste Warnung dar, die weitreichende Konsequenzen haben kann. Eine berechtigte Abmahnung kann bei wiederholten Verstößen zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen. Gleichzeitig ist eine unberechtigte Abmahnung nicht nur ärgerlich, sondern kann auch das Arbeitsklima nachhaltig belasten.

// Rechtliche Grundlagen der Abmahnung //

// Definition und Zweck der Abmahnung //

Die Abmahnung ist ein arbeitsrechtliches Instrument, das im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht explizit geregelt ist, aber durch die Rechtsprechung entwickelt wurde. Sie erfüllt eine Doppelfunktion: die Rüge- und die Warnfunktion. Mit der Rügefunktion wird ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers beanstandet. Die Warnfunktion macht deutlich, dass bei einer Wiederholung des gerügten Verhaltens arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen.

// Voraussetzungen einer wirksamen Abmahnung //

Damit eine Abmahnung rechtswirksam ist, muss sie bestimmte formelle und inhaltliche Voraussetzungen erfüllen:

Formelle Anforderungen: Eine Abmahnung kann grundsätzlich mündlich oder schriftlich erfolgen. Aus Beweisgründen wählen Arbeitgeber jedoch meist die Schriftform. Eine besondere Form ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, allerdings muss die Abmahnung eindeutig als solche erkennbar sein.

Inhaltliche Anforderungen: Die Abmahnung muss das konkrete Fehlverhalten präzise beschreiben. Pauschale Vorwürfe oder vage Formulierungen reichen nicht aus. Der Arbeitgeber muss das beanstandete Verhalten zeitlich und örtlich konkretisieren können. Zudem muss die Abmahnung eine deutliche Warnung vor den Konsequenzen bei Wiederholung enthalten.

//Rechtliche Grundlagen im Detail //

Die rechtlichen Grundlagen der Abmahnung ergeben sich hauptsächlich aus der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts. § 314 BGB (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund) und § 626 BGB (fristlose Kündigung aus wichtigem Grund) bilden den rechtlichen Rahmen für das Abmahnverfahren.

Besonders relevant ist auch § 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), der bei verhaltensbedingten Kündigungen regelmäßig eine vorherige Abmahnung erfordert. Dies gilt zumindest dann, wenn das Fehlverhalten nicht so schwerwiegend ist, dass eine sofortige Kündigung gerechtfertigt wäre.

// Was eine berechtigte Abmahnung ausmacht //

// Abmahnfähige Pflichtverstöße //

Nicht jedes Fehlverhalten rechtfertigt eine Abmahnung. Das beanstandete Verhalten muss einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstellen. Zu den abmahnfähigen Pflichtverstößen gehören:

Leistungsbezogene Verstöße: Hierzu zählen etwa unentschuldigte Verspätungen, häufige Krankheitstage ohne ärztliche Bescheinigung, Verweigerung von Arbeitsaufträgen oder unzureichende Arbeitsleistung bei entsprechender Leistungsfähigkeit.

Verhaltensbezogene Verstöße: Beleidigungen gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten, Störung des Betriebsfriedens, Missachtung von Sicherheitsvorschriften oder Verstöße gegen das Alkohol- oder Rauchverbot am Arbeitsplatz fallen in diese Kategorie.

Treuepflichtverstöße: Konkurrenztätigkeit ohne Genehmigung, Weitergabe von Betriebsgeheimnissen oder die Annahme von Geschenken von Geschäftspartnern können abgemahnt werden.

// Verhältnismäßigkeit der Abmahnung //

Eine Abmahnung muss verhältnismäßig sein. Dies bedeutet, dass nicht jeder geringfügige Verstoß eine Abmahnung rechtfertigt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt eine Abwägung zwischen der Schwere des Verstoßes und den Auswirkungen der Abmahnung auf den Arbeitnehmer.

Bei Bagatellverstößen kann eine Abmahnung unverhältnismäßig sein. Hier reicht oft ein klärendes Gespräch oder eine mündliche Ermahnung aus. Andererseits können schwerwiegende Verstöße auch ohne vorherige Abmahnung zu einer Kündigung führen.

// Formelle und inhaltliche Mängel erkennen //

// Häufige formelle Fehler //

Viele Abmahnungen weisen formelle Mängel auf, die zu ihrer Unwirksamkeit führen können:

Fehlende Berechtigung des Abmahnenden: Nicht jeder Vorgesetzte ist zur Abmahnung berechtigt. Die Abmahnungsbefugnis ergibt sich aus der Organisationsstruktur des Unternehmens und den dem jeweiligen Vorgesetzten übertragenen Kompetenzen.

Unklare Formulierungen: Abmahnungen, die unklar formuliert sind oder deren Inhalt missverständlich ist, können unwirksam sein. Dies gilt insbesondere, wenn nicht eindeutig erkennbar ist, dass es sich um eine Abmahnung handelt.

Verspätete Abmahnung: Eine Abmahnung muss zeitnah nach Bekanntwerden des Pflichtverstoßes ausgesprochen werden. Was „zeitnah“ bedeutet, hängt vom Einzelfall ab, jedoch sprechen die Arbeitsgerichte bei mehrmonatigen Verzögerungen oft von einem Verwirkungseinwand.

// Inhaltliche Mängel //

Unkonkrete Vorwurfsbeschreibung: Der Pflichtenverstoß muss so konkret beschrieben werden, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, welches Verhalten beanstandet wird. Pauschale Vorwürfe wie „unzureichende Arbeitsleistung“ ohne weitere Konkretisierung sind unzulässig.

Fehlende Warnfunktion: Eine Abmahnung muss deutlich machen, dass bei Wiederholung des beanstandeten Verhaltens arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Fehlt diese Warnung, handelt es sich nicht um eine Abmahnung im rechtlichen Sinne.

Unverhältnismäßigkeit: Wenn die Abmahnung in keinem angemessenen Verhältnis zum begangenen Pflichtverstoß steht, kann sie unwirksam sein.

// Ihre Reaktionsmöglichkeiten im Überblick //

// Widerspruch gegen die Abmahnung //

Bei einer unberechtigten Abmahnung haben Sie das Recht, schriftlich zu widersprechen. Der Widerspruch sollte begründet werden und konkret darlegen, warum die Abmahnung unberechtigt ist. Wichtig ist hierbei eine sachliche und professionelle Argumentation.

Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung, das heißt, die Abmahnung bleibt zunächst wirksam. Jedoch dokumentiert der Widerspruch Ihre abweichende Rechtsauffassung und kann in späteren Verfahren von Bedeutung sein.

// Gegendarstellung verfassen //

Neben dem Widerspruch können Sie eine Gegendarstellung verfassen, die zu Ihrer Personalakte genommen werden muss. Die Gegendarstellung ermöglicht es Ihnen, Ihre Sicht der Dinge darzustellen und den Sachverhalt aus Ihrer Perspektive zu schildern.

Eine gut formulierte Gegendarstellung kann später vor Gericht oder bei Bewerbungen hilfreich sein, da potenzielle neue Arbeitgeber oder Richter beide Seiten der Geschichte kennen.

// Praktische Tipps für Betroffene //

// Sofortmaßnahmen nach Erhalt einer Abmahnung //

Ruhe bewahren: Eine Abmahnung ist zunächst einmal nur ein Stück Papier. Lassen Sie sich nicht zu voreiligen Reaktionen hinreißen.

Abmahnung gründlich lesen: Nehmen Sie sich die Zeit, die Abmahnung sorgfältig zu studieren. Notieren Sie sich alle Punkte, die Ihnen unklar oder strittig erscheinen.

Beweise sammeln: Sichern Sie alle relevanten Unterlagen, E-Mails, Zeugenaussagen oder sonstige Beweismittel, die Ihre Position stützen könnten.

Frist beachten: Wenn Sie eine Stellungnahme abgeben sollen, beachten Sie die gesetzte Frist. Bei wichtigen Entscheidungen sollten Sie sich jedoch nicht unter Zeitdruck setzen lassen.

// Dokumentation und Beweissicherung //

Eine sorgfältige Dokumentation ist das A und O bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Führen Sie ein Arbeitstagebuch, in dem Sie relevante Ereignisse, Gespräche und Vorkommnisse festhalten. Notieren Sie dabei immer Datum, Uhrzeit, anwesende Personen und den Gesprächsinhalt.

Sichern Sie E-Mails, Screenshots, Fotos oder andere elektronische Beweise. Achten Sie jedoch darauf, dass Sie dabei nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen oder betriebliche Regelungen verstoßen.

// Kommunikation mit dem Arbeitgeber //

Bleiben Sie in der Kommunikation mit Ihrem Arbeitgeber sachlich und professionell. Emotionale Reaktionen können die Situation verschärfen und Ihre Position schwächen.

Führen Sie wichtige Gespräche nach Möglichkeit schriftlich oder bitten Sie um eine schriftliche Bestätigung mündlicher Vereinbarungen. Bei kritischen Gesprächen kann es sinnvoll sein, einen Zeugen hinzuzuziehen oder um einen Betriebsrat zu bitten.

Falls Sie sich entscheiden, eine Stellungnahme abzugeben, formulieren Sie diese sorgfältig und sachlich. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen und konzentriieren Sie sich auf die Fakten.

// Checkliste: Was tun bei einer Abmahnung? //

Sofortmaßnahmen (erste 24 Stunden)

  • Abmahnung vollständig und sorgfältig lesen
  • Ruhe bewahren und nicht voreilig reagieren
  • Relevante Unterlagen und Beweise sammeln
  • Termin für rechtliche Beratung vereinbaren

Prüfung der Abmahnung (erste Woche)

  • Formelle Voraussetzungen überprüfen
  • Inhaltliche Voraussetzungen prüfen (konkrete Vorwurfsbeschreibung, Warnfunktion)
  • Sachverhalt auf Richtigkeit überprüfen
  • Verhältnismäßigkeit der Abmahnung bewerten
  • Zeugen identifizieren und kontaktieren

Reaktion vorbereiten (zweite Woche)

  • Entscheidung über Art der Reaktion treffen (Widerspruch, Gegendarstellung, Untätigkeit)
  • Stellungnahme oder Widerspruch formulieren
  • Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
  • Betriebsrat informieren (falls vorhanden)

Langfristige Maßnahmen

  • Arbeitsverhalten entsprechend anpassen (bei berechtigter Abmahnung)
  • Dokumentation relevanter Ereignisse fortführen
  • Arbeitszeugnis im Blick behalten
  • Bei Wiederholung oder Kündigung: sofortige rechtliche Schritte einleiten

// Wann Sie anwaltliche Hilfe benötigen //

Bei einer Abmahnung vom Arbeitgeber sollten Sie nicht zögern, rechtlichen Rat zu suchen. Dies gilt insbesondere, wenn die Abmahnung schwerwiegende Vorwürfe enthält, formelle Mängel aufweist oder wenn Sie die Berechtigung der Abmahnung anzweifeln.

Ein Anwalt kann die Rechtmäßigkeit der Abmahnung überprüfen, Sie über Ihre Handlungsoptionen informieren und Sie bei der Formulierung einer angemessenen Reaktion unterstützen. Zudem kann anwaltliche Beratung helfen, weitere arbeitsrechtliche Schritte des Arbeitgebers zu antizipieren und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.

Die Investition in eine rechtliche Beratung kann sich langfristig auszahlen, insbesondere wenn dadurch eine unberechtigte Kündigung verhindert oder bessere Konditionen bei einer Trennung erreicht werden können.

// Besonnen handeln und Rechte wahren //

Eine Abmahnung vom Arbeitgeber ist kein Grund zur Panik, aber ein Anlass zum besonnenen Handeln. Wichtig ist, die Abmahnung ernst zu nehmen und systematisch zu prüfen, ob sie berechtigt ist. Bei formellen oder inhaltlichen Mängeln sollten Sie Ihre Rechte wahren und entsprechend reagieren.

Denken Sie daran, dass eine Abmahnung auch eine Chance zur Verhaltenskorrektur sein kann, wenn sie berechtigt ist. Gleichzeitig haben Sie das Recht, sich gegen unberechtigte Vorwürfe zu wehren.

Die Komplexität des Arbeitsrechts und die individuellen Umstände jedes Falls machen eine pauschale Beratung schwierig. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie auf eine Abmahnung reagieren sollen, scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann oft größeren Schaden abwenden und Ihre Rechte optimal schützen.

// Häufig gestellte Fragen //

Nein, eine Abmahnung kann grundsätzlich auch mündlich ausgesprochen werden. Aus Beweisgründen wählen Arbeitgeber jedoch meist die Schriftform. Eine mündliche Abmahnung ist rechtlich genauso wirksam wie eine schriftliche.

Es gibt keine gesetzlich festgelegte Aufbewahrungsdauer. In der Regel verliert eine Abmahnung nach 2-3 Jahren ihre Warnfunktion und sollte dann aus der Personalakte entfernt werden. Dies hängt jedoch vom Einzelfall und der Schwere des Verstoßes ab.

Ja, Sie können gegen jede Abmahnung Widerspruch einlegen, unabhängig davon, ob sie berechtigt ist oder nicht. Der Widerspruch sollte jedoch begründet sein und konkret darlegen, warum die Abmahnung Ihrer Ansicht nach unberechtigt ist.

Nein, eine Abmahnung ist nicht automatisch die Vorstufe zur Kündigung. Sie dient primär der Verhaltenskorrektur. Nur bei Wiederholung des abgemahnten Verhaltens kann eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.

Der Betriebsrat hat bei Abmahnungen kein Mitbestimmungsrecht, muss also nicht beteiligt werden. Allerdings können Sie als Arbeitnehmer den Betriebsrat informieren und um Unterstützung bitten.

Bei berechtigten Abmahnungen können Sie nach einer gewissen Zeit (meist 2-3 Jahre) die Entfernung verlangen, wenn die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren hat. Bei unberechtigten Abmahnungen können Sie sofort die Entfernung fordern.

Sie sind nicht verpflichtet, eine Stellungnahme zur Abmahnung abzugeben. Eine Verweigerung kann jedoch als stillschweigende Anerkennung der Vorwürfe interpretiert werden. Eine sachliche Stellungnahme ist daher oft empfehlenswert.

Ja, eine berechtigte Abmahnung kann als Weckruf dienen und Ihnen die Möglichkeit geben, Ihr Verhalten zu überdenken und zu verbessern. Sie zeigt auch, dass der Arbeitgeber bereit ist, Ihnen eine weitere Chance zu geben, anstatt sofort zu kündigen.

Eine Abmahnung muss "zeitnah" erfolgen. Was dies konkret bedeutet, hängt vom Einzelfall ab. Bei mehrmonatigen Verzögerungen kann jedoch ein Verwirkungseinwand greifen, der die Abmahnung unwirksam macht.

Grundsätzlich gibt es keine Verjährungsfrist für den Widerspruch gegen eine Abmahnung. Allerdings können nach längerer Zeit Beweisprobleme auftreten, und die praktische Relevanz einer alten Abmahnung nimmt ab.

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